Warum wir eine engere europäisch-amerikanische Wirtschaftspartnerschaft brauchen

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March 10, 2010, DIW Berlin: Wochenbericht

(Op-ed by Klaus F. Zimmermann)
 



Nach dem US-Marktforschungsinstitut Magid glauben nur 23 Prozent der Amerikaner, dass die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ihres Landes zu Deutschland intakt sind. Das Verhältnis zum europäischen Kontinent insgesamt dürfte kaum besser sein. Nicht wenige sorgen sich, die protektionistischen Strömungen in Amerika könnten wieder stärker werden.

Dies alles ist einigermaßen erstaunlich, denn die bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und Amerika haben immerhin ein Volumen von 57 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts. Die beiden Regionen unterhalten die weltweit umfangreichsten Handels- und Investitionsbeziehungen mit jährlich mehr als 500 Milliarden US-Dollar. Rund sieben Millionen Beschäftigte sind in den USA heute bei europäischen Firmen beschäftigt und etwa sechs Millionen Europäer verdanken ihren Arbeitsplatz einem US-Investor.

Es gibt also viele Gründe, gerade jetzt die Idee einer engeren Wirtschaftspartnerschaft zwischen den beiden Kontinenten ganz oben auf die politische Agenda zu setzen. Spätestens nach dem Schock der globalen Finanzkrise, angesichts der drängenden Energie- und Klimafragen und der Herausforderungen der Internationalisierungen der Arbeitsmärkte besteht jetzt sogar die Pflicht, diese Aufgabe ernsthaft anzugehen. Denn nur gemeinsam können wir die Potentiale für Wachstum und neue Jobs ausschöpfen.

Die Schwierigkeiten liegen vor allem auf dem Gebiet der nichttariffären Hemmnisse. Nicht die – vergleichsweise niedrigen – Zölle sind das Hauptproblem, sondern die vielen unterschiedlichen Normen und Standards, die den bilateralen Austausch einengen und zu hohen regulierungsbedingten Zusatzkosten für Hersteller wie Verbraucher führen.

Wichtig ist es, dass jetzt die politischen Führungen diesseits und jenseits des Atlantik das Projekt einer transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft zu ihrer Sache machen, um der Idee neue Schubkraft zu geben. Für die neue Europäische Kommission in Brüssel sollte dies eines der wichtigsten Zukunftsprojekte werden. Ein offener, gemeinsamer Arbeitsmarkt für Hochqualifizierte könnte der Anfang sein.

Eine solche Initiative richtet sich nicht gegen andere. Sie ist schon gar keine Alternative zu den weltweiten WTO-Gesprächen zum Abbau von globalen Handelshemmnissen in der Doha-Runde. So verstanden könnte eine engere amerikanisch-europäische Wirtschaftspartnerschaft zum Motor für eine neue Dynamik der gesamten internationalen Wirtschaft werden, ja vielleicht sogar zum Ausgangspunkt für eine neue Weltwirtschaftsordnung. Bekanntlich braucht jedes Thema seine Zeit. Dieser richtige Zeitpunkt könnte jetzt gekommen sein.


Reprinted with permission.

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