Zwar erscheint auch der Anteil von unfreiwilligen Befristungen von etwa einem Viertel recht hoch, es handelt sich dabei aber um den drittniedrigsten Wert im Vergleich von 23 europäischen Ländern. Vor allem in südeuropäischen Ländern ist der Anteil unfreiwilliger Befristungen mit über 80 Prozent ungleich höher, auch Frankreich oder die skandinavischen Länder weisen noch Werte zwischen 40 und 60 Prozent auf.
Eine deutsche Besonderheit stellt die geringfügige Beschäftigung in Form von „Minijobs“ in bestimmten Bereichen des Dienstleistungssektors dar. Dabei kommt der weitgehenden Abgabenfreiheit aus Sicht der Beschäftigten eine zentrale Bedeutung zu. Auch erlaubt sie den Arbeitgebern die Überwälzung eines Teils der Arbeitskosten. Wenig vorteilhaft schlagen formale Barrieren beim Übergang zu längerer Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung zu Buche.
Die Niedriglohnbeschäftigung hat in Deutschland in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dies kann mit der geringen und weiter abnehmenden Tarifbindung vor allem im privaten Dienstleistungssektor, den verstärkten Aktivierungsbemühungen von Transferbeziehern und mit der vermehrten Nutzung von Minijobs, Teilzeittätigkeiten und der Aufstockung von Grundsicherungsleistungen erklärt werden. Dagegen gibt es bislang keine empirischen Hinweise darauf, dass im Zuge der Arbeitsmarktreformen die Reservationslöhne von Arbeitslosen gesunken sind. Mittlerweile weist Deutschland eine auch im europäischen Vergleich ausgeprägte Lohnspreizung auf.
Regulierungsbedarf oder Laissez-faire?
Angesichts der durch atypische Beschäftigung gegebenen zusätzlichen Erwerbschancen, insbesondere im Dienstleistungssektor, wird die Notwendigkeit von Regulierungsmaßnahmen politisch kontrovers diskutiert. Die Bewertung fällt dabei entsprechend der eingenommenen beschäftigungs- oder sozialpolitischen Perspektive sehr unterschiedlich aus.
Eine restriktive Re-Regulierung ohne Berücksichtigung der Besonderheiten einzelner Tätigkeiten, Sektoren und Personengruppen würde die in der jüngeren Vergangenheit mobilisierten Beschäftigungspotenziale gefährden. Andererseits liefe eine Politik des Laissez-faire Gefahr, in den Unternehmen einen verstärkten Trend zur Ablösung regulärer durch atypische Beschäftigung zu erzeugen, der gesamtwirtschaftlich nicht gewollt sein kann. Erforderlich ist arbeitsmarktpolitisches Fingerspitzengefühl, für das die gemeinsame Studie von IZA und Bertelsmann Stiftung einige Hinweise liefert.